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Erläuterung zu FIDIC Conditions 1999 und 2017 Drucken E-Mail

 

  • FIDIC Seminare sind wichtige Bausteine der Fortbildung für Architekten, Ingenieure und Juristen, die sich im internationalen Baugeschäft bewähren müssen.

    Die VBI - FIDIC Seminare sind nachhaltige und gleichzeitig aktuelle Veranstaltungen.

    Sie sind in gewisser Weise einzigartig, weil sie von FIDIC akkreditiert sind und von FIDIC akkreditierten Trainern geleitet werden, die über sehr viel praktische Erfahrung verfügen und gleichzeitig in die Arbeit von FIDIC an den Vertragswerken einbezogen sind.


    I. Geschichtliche Entwicklung

    Die ”Fédération Internationale des Ingenieurs Conseils” (FIDIC) ist der internationale Berufsverband der Beratenden Ingenieure. FIDIC wurde 1913 gegründet und hat heute ihren Sitz in Genf. In FIDIC sind die nationalen Verbände der Beratenden Ingenieure organisiert. Der einzige deutsche Vertreter ist der VBI.

    Die historischen Ursprünge der heutigen FIDIC Books liegen in dem im Jahre 1945 von der ICE herausgegebenen „Civil Engineering Contract“. Später entwickelte die englische Association of Consulting Engineers (ACE) ein für internationale Zwecke geeignetes Vertragsmuster, das als Overseas (Civil) Conditions of Contract (the ACE Form) im Jahre 1956 erschien und bekannt wurde. Kurze Zeit später bereits erschienen die Conditions of Contract (International) for Works and Engineering Construction, die wegen ihres langen Titels als Red Book bezeichnet wurde. Herausgeber dieses auf dem ACE-Muster basierenden Modells war die FIDIC in Zusammenarbeit mit der heutigen FIEC. Seither hat die FIDIC immer wieder überarbeitete und neue Vertragsmodelle erarbeitet, die sich weltweit durchgesetzt haben.

    Die ursprünglichen FIDIC Vertragswerke erschienen in 4 Auflagen. Die letzte Auflage datierte aus dem Jahre 1987. Im Jahr 1999 veröffentlichte FIFDIC eine gänzlich neue Reihe von Vertragswerken, die Regelbogenedition 1999. Die 2. Auflage dieser Edition erschien im Dezember 2017.

     


    II. Aufgaben

    Internationale Bauvorhaben haben Berührungspunkte zu verschiedenen Rechtsordnungen. Die Aufgabenstellung der bauleitenden Ingenieure und Unternehmen wird dadurch sehr komplex. Üblicherweise helfen bei der Steuerung nationale Standardbedingungen wie die AFNOR-Bedingungen in Frankreich, die SIA-Bedingungen in der Schweiz, die VOB/B in Deutschland, die JCT-Bedingungen in England oder die AIA-Bedingungen in den Vereinigten Staaten. Allen gemein ist ihre Einbettung in eine (nationale) Rechtsordnung, ohne die die jeweiligen Bedingungen keinesfalls handhabbar sind. Die nationalen Rechtsordnungen wiederum unterscheiden sich zum größten Teil sehr erheblich. Für den Juristen hilfreich ist die Zuordnung der vorhandenen Rechtsordnungen in sog. Rechtsfamilien (kontinentaleuropäische Rechtsordnungen, anglo-amerikanische Rechtsordnungen). Doch lassen sich auch innerhalb einer Rechtsfamilie oft nur sehr wenige (dann aber charakterisierende) Gemeinsamkeiten entdecken. Geht es um Details, sind die englische und die US-amerikanische Rechtsordnung (die einer Rechtsfamilie zugeordnet werden) sehr unterschiedlich, zumal in den USA jeder der 50 Bundesstaaten eine eigene Gerichtsbarkeit und eigenes materielles Recht hat.

    Deshalb sind im internationalen Geschäft Standardbedingungen zu begrüßen, die von vornherein die Bedürfnisse der Baustellenkoordination und –abwicklung unter einem internationalen Ansatz betrachten und regeln. Zu den bedeutsamsten internationalen Standardbedingungen gehören seit Jahrzehnten die sog. FIDIC-Bedingungen. Die FIDIC hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Bedürfnisse komplexer Bauvorhaben mit grenzüberschreitenden Bezügen in Vertragsmuster umzusetzen und den jeweiligen wirtschaftlichen und rechtlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen.


    III. FIDIC-Angebot

    Die aktuellen FIDIC-Bedingungen liegen mittlerweile in der 2. Auflage aus dem Jahr 2017 vor. Sie löst die Vorauflage aus dem Jahr 1999 ab. Dabei handelt es sich jeweils um drei verschiedene Klauselwerke (Red Book, Yellow Book, Silver Book, sowie ergänzend das FIDIC Green Book, 1. Auflage, 2000), die in Büchern (Books) zusammengefasst sind, die nicht nur Allgemeine Geschäftsbedingungen enthalten, sondern vielmehr eine komplette Sammlung aller wesentlicher Vertragsdokumente enthalten.

    • Das FIDIC Red Book trägt den langen Titel Conditions of Contract for Construction
    • Das FIDIC Yellow Book trägt den Titel Conditions of Contract for Plant and Design-Build
    • Das FIDIC Silver Book trägt den Titel Conditions of Contract for EPC/Turnkey Projects
    • Das FIDIC Green Book trägt den Titel Short form of Contract

    Die Vertragssprache ist grundsätzlich Englisch, wenngleich die Parteien ihre Vertragssprache (aber auch die Kommunikationssprache und die Schiedsgerichtssprache) wählen können (Klausel 1.4). Alle drei großen FIDIC Bücher (Red, Yellow und Silver) bestehen aus:

    • - Allgemeinen Bedingungen
    • - Regeln für das Dispute-Management
    • - Vereinbarungsvorschläge für das Dispute-Management
    • - Anleitung für die Erstellung besonderer Bedingungen
    • - Vertragsunterlagen (z.B. Angebotsschreiben, Vertragsvereinbarung etc.)
    • - Garantie- und Bürgschaftsmuster

    Im Frühjahr 2017 ist zudem das neue FIDIC White Book (Consultancy Agreement, 5. Auflage) erschienen. Es löst die 4. Auflage, 2006 des FIDIC White Book ab, das in deutscher Übersetzung über den VBI zu beziehen ist und das die vertraglichen Beziehungen zwischen Ingenieuren und Architekten einerseits und Auftraggebern anderseits regelt.

    FIDIC White Book, 5 th Edition 2017

    Sodann existiert seit 2006 das Dredging and Reclamation Form (Blue Book); eine Neuauflage erschien im Jahr 2016. Herr Dr. Hök hat die deutschsprachige Fassung der 2. Auflage Korrektur gelesen. Im September 2008 hat FIDIC das neue Design, Build & Operate Form (Gold Book) in seiner endgültigen Fasssung veröffentlicht. In 2011 ist die First Edition des FIDIC Subcontract Form for Construction hinzugekommen. Eine Design and Build Subcontract wird nachfolgen.

    FIDIC veranstaltet jährliche Users´ Konferenzen. Die Flagship Veranstaltung findet jeweils im Dezember des laufenden Jahres in London statt. Zentrale Punkte auf den IBC Konferenzen ist der praktische Umgang mit FIDIC Vertragsmustern und die Vorstellung von Neuigkeiten. 2008 war z.B. die Vorstellung des FIDIC Gold Book (Design, Build & Operate). Die FIDIC DBO Task Group hat unter Vorsitz von Herrn Mortimer-Hawkins und Herrn Dipl.-Ing., Wirt-Ing. Axel Volkmar Jaeger hat das neue Gold Book inhaltlich dargestellt und eingehend erläutert. Das sog. Gold Book enthält viele weiterentwickelte Klauseln, die sich zukünftig auch in den klassischen FIDIC Vertragswerken (Red Book, Yellow Book) wiederfinden werden. Gegenwärtig ist eine weiteres Vertragswerk in Vorbereitung, das die Rehabilitation von Altlagen regeln soll.

    IV. Nutzung durch die Weltbank

    Besondere Bedeutung haben die FIDIC Vertragsbedingungen dadurch erlangt, dass sie von der Weltbank empfohlen werden und Teil ihrer Standardverträge sind. Seit dem 9. Mai 2005 wird das Red Book 1999 in einer sog. Harmonisierten Fassung auch von der Weltbank und anderen multilateralen Entwicklungsbanken empfohlen. Aktuell wird eine version aus dem Jahr 2012 verwendet. Die sog. harmonisierte Fassung des FIDIC Red Book weist gegenüber der Fassung 1999 unter anderem folgende Änderungen auf:

    Der Anhang zum Angebot (Appendix to Tender) wird in Contract Data umgewandelt.

    Das Vretarsgwerk enthält eine Definition zu Notice of Dissatisfaction

    Neue Definition von „Unvorhersehbar“ in Klausel 1.1.6.8 mit Auswirkungen auf Klausel 4.12 (Bodenverhältnisse)

    Modifikation von Klausel 1.2, insbesondere bezüglich der Gewinnmarge, die vorbehaltlich anders lautender Vereinbarungen auf 5 % festgelegt wird

    Ansprüche des Bestellers (Klausel 2.5) müssen fristgebunden geltend gemacht werden.

    Das Recht des Bestellers, einseitig die Befugnisse des Ingenieurs zu verändern (Klausel 3.1)

    Einschränkung der Unabhängigkeit des Ingenieurs in Bezug auf wesentliche Befugnisse, z.B. in Bezug auf die Möglichkeit zur Gewährung von Bauzeitverlängerung und Mehrkosten (Klausel 3.1)

    Das Recht des Bestellers, den Ingenieur einseitig auszutauschen (Klausel 3.4)

    Die Ausweitung des Rechts des Bestellers, die Erfüllungssicherheit in Anspruch zu nehmen (Klausel 4.2): Das Recht wird auf alle Ansprüche erweitert, die aus dem Vertrag erwachsen.

    In Klausel 4.4 wird der Unternehmer zusätzlich insbesondere verpflichtet, lokalen Subunternehmern eine faire Chance zu geben

    Klausel 8.6 enthält einen Anspruch auf Beschleunigungskosten.

    Veränderungen in Bezug auf den Anspruch auf Bildung neuer Preise und in Bezug nicht ausgepreiste Leistungen, die im Leistungsverzeichnis enthalten sind (Klausel 12.3)

    Einschränkung der Preisanpassungsmöglichkeiten (Klausel 13.7)

    Rückzahlung des Advance Payment wird modifiziert (Klausel 14.2)

    Der Unternehmer kann die 2. Hälfte des Sicherheitseinbehaltes ablösen, wenn das Taking-Over Certificate ausgestellt ist (Klausel 14.9)

    Partielle Einschränkung des Kündigungsrechts des Bestellers (Klausel 15.5)

    Teilweise Einschränkung des Rechts auf Beendigung der Arbeiten (Klausel 16.2)

    Risiken des Bestellers werden auf solche beschränkt, die sich direkt auf die Durchführung der Arbeiten auswirken (Klausel 17.3)

    Einschränkung der Folgen von force majeure auf solche Fälle, in denen wesentliche vertragliche Verpflichtungen berührt werden (Klausel 19.4)

    Aus dem DAB (Dispute Adjudication Board) wird ein DB (Dispute Board), dessen Mitglieder über sprachliche und fachliche Qualifikationen verfügen müssen (Klausel 20.2)

    Die FIDIC-Bedingungen sind mithin nicht nur eine Option für den privatwirtschaftlichen Bereich sondern zugleich eine Art Ausschreibungsrecht für öffentliche Infrastrukturvorhaben, das die Weltbank und andere multilaterale Einrichtungen für solche Aufträge vorgeben, die von ihnen finanziert werden.


    V. FIDIC Conditions

    FIDIC ist eine private Organisation, keine supranationale Einrichtung mit eigner Rechtssetzungskompetenz. Somit handelt es sich aus deutscher Sicht bei dem FIDIC-Regelwerk (den sog. Books) um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Hieraus können sich Probleme ergeben, wenn das anwendbare Recht eine strenge AGB-Kontrolle vorsieht. Allerdings ist dies außerhalb Deutschlands eher die Ausnahme. Im Ausland gilt zumeist streng der Grundsatz Vertrag ist Vertrag. So sind insbesondere Länder, die den französischen Code Civil übernommen haben, wie z.B. Kamerun, Belgien oder Rumänien, gegenüber Preisanpassungen eher zurückhaltend eingestellt.

    In der Praxis sollte allerdings die Diskussion um AGB spezifische Probleme nicht überschätzt werden. Weltweit sind Verträge überwiegend mit dem Inhalt bindend, mit dem sie abgeschlossen werden. Voraussetzung für die effektive Nutzung der FIDIC Vertragswerke ist eine gute Kenntnis der FIDIC Vertragswreke und der Konzepte auf denen diese ebruhen.

    VI. Aufbau der Books

    Die drei großen FIDIC-Bücher sind weitgehend ähnlich aufgebaut. Alle drei Bücher enthalten jeweils 21 Klauseln, davon haben 18 gemeinsame Überschriften und beinhalten gleich lautende Regelungen, soweit die Konzepte übereinstimmen. Unterschiedliche Klauselüberschriften finden sich in Klausel 3 (Red Book und Yellow Book: The Engineer, hingegen im Silver Book: Employer´s Administration), in Klausel 5, wo im Red Book „Nominated Subcontractors“ und in den beiden anderen Büchern „Planung“ geregelt wird, sowie Klausel 12, die im Red Book mit „Measurement and Evaluation“ und in den beiden anderen Büchern mit „Tests after Completion“ übertitelt ist. Gegenüber den Vorauflagen aus dem Jahr 1987 wurde zwar die Anzahl der Klauseln drastisch reduziert, doch die Anzahl der verwendeten Worte deutlich erhöht.

    Auch das neue Gold Book (Design, Build & Operate Projects), das im Herbst 2008 erschienen ist, hält an vorstehender Gliederung fest. Allerdings inkludiert es eine Betriebsphase, die in Klausel 10 näher ausgestaltet ist und eine Reihe neuer Instrumente zur Bewältigung der Betriebsphase einführt, wie z.B. den "Asset Replacement Fund" oder die "Handback Requirements" oder die Operation Management Requirements sowie den Operation and Maintenance Plan.

    Das Subcontract Form (2011) ist ein Back-to-Back Vertragswerk, das überwiegend auf das FIDIC Red Book verweist.

    VII. Verständnis

    FIDIC Conditions müssen auf der Grundlage ihrer Entstehungsgeschichte, ihre sprachlichen Einbettung in den angelsächsischen Rechtskreis und ihrer spezifischen Philosophie gelesen werden. Das FIDIC-Vertragswerk ist vor allem auch ein Instrument zur Beherrschung vertraglicher und außervertraglicher Ansprüche, die während des Bauvorhabens entstehen können. Der Sinn dieser Claims besteht darin, dem Unternehmer für nicht kalkulierte Aufwendungen eine zusätzliches Entgelt bzw. eine Entschädigung zu gewähren. Claims sind schlicht die Folge von Umständen oder Ereignissen, für die das Vertragswerk keine Risikoübernahme durch den Unternehmer erwartet.

    Claims entstehen im Bauablauf und müssen in einem geordneten Verfahren geltend werden. Anderenfalls drohen Anspruchsverlust und damit Rechtsnachteile. Insoweit sind die FIDIC-Regelwerke nur bedingt mit den Vorschriften der VOB/B vergleichbar. Das sog. Claim-Management ist elementarer Bestandteil der Vertragsabwicklung.

    Die VBI Seminare geben Erläuterungs- und Auslegungshilfen und analysieren die FIDIC-Texte. Ergänzend kann über den VBI Band 17 der VBI-Schriftenreihe erworben werden, der sich des Themas Contract Management animmt.


    VIII. Checklisten

    Im Rahmen der VBI-FIDIC Seminare wird der Zugang zum FIDIC Vertragsmanagement durch Flowcharts, Checklisten, Musterschreiben und andere Hilfsmittel erleichtert. Hier ein Beispiel:

    Das Silver Book 1999 setzt die Abarbeitung folgender Aspekte voraus.

    Silver Book - (Auszufüllende Klauseln):
    1.1.3.3 & 8.2              Time for Completion (Fertigstellungsdatum)
    1.1.3.7 & 11.1            Defects Notification Period (Mängelmitteilungsfrist)
    1.1.5.6                       Definition of each section, if any (ggf. Definition der Sektionen)
    1.3                            Electronic Systems for communication
    1.4                            Laws and Languages (Anwendbares Recht und Sprache)
    2.1                            Time for possession of the Site (Übernahmetag der Baustelle)
    4.2                            Performance Security (Erfüllungssicherheit)
    4.4                            Notice of Subcontractors (Mitteilung der Subunternehmer)
    8.7/12.4 & 14.15 (d)    Delay/Performance damages (Verspätung und Verzugsschäden)
    13.8                          Adjustements for changes in Cost (Anpassung der Kosten)
    14.2                          Advance Payments (Vorauszahlungen)
    14.3 (c)                     Retention (Zurückbehaltungsrecht)
    17.6                          Limitation of Liability (Haftungsbeschränkung)
    18.1                          Employer´s Insurance
    18.2 (d)                      Insurance of Employer´s risks
    18.3                          Insurance against injury to persons and damage to property
    20.2                          Number of members of the dispute adjudication board
    20.3                          Appointing entity for the dispute adjudication bard

    Durch eine solche Checkliste soll ein Überblick über die abzuarbeitenden und sensiblen Aspekte des Vertragswerkes gegeben werden. Auch werden Musterschreiben diskutiert udn erläutert. Solche Musterschreiben finden sich ebenfalls in Band 17 der VBI-Schriftenreihe mit dem Titel Contract Management, den Herr Rechtsanwalt Dr. Hök verfasst hat.


    IX. Übersetzungen

    VBI und FIDIC sind übereingekommen, deutschsprachige Übersetzungen zur Verfügung zu stellen. Es sind inzwischen deutschsprachige Übersetzungen des Red Book, des Yellow Book und des Silver Book (1999) veröffentlicht worden. Ferner liegen inzwischen Übersetzungen des White Book, 4. Auflage) und des Green Book (2000) vor. Auch diese Übersetzungen sind in der Kanzlei Dr. Hök, Stieglmeier & Kollegen erstellt worden. Herr Rechtsanwalt Dr. Hök hat die Übersetzungen jeweils erläutert.

    Es sind verschiedene andere Übersetzungen bekannt geworden. Es existieren polnische, russische und chinesische Übersetzungen. Der Staat Rumänien hat eine Übersetzung des Red Book und des Yellow Book herausgeben, die jeweils Grundlage für die Vergabe öffentlicher Aufträge sein sollen. Allerdings sollen die rumänischen Übersetzungen zusammen mit speziellen Besonderen Bedingungen eingesetzt werden. Diese weisen eine Reihe von Eigenarten aus, die sich auf den Bauverlauf und vor allem das Zahlungsverhalten auswirken. Solche Besonderheiten werden in den VBI-VUBIC Seminaren angesprochen und erörtert.

    Es sollte stets bedacht werden, dass die Rechtsprache eines jeden Landes eigenständige Begriffe enthält, die spezifische Instrumente und Konzepte spiegeln. Übersetzungen sind daher stets mit Vorsicht zu verwenden. Einige Begriffe der englischen Rechtssprache können schlicht nicht überstezt werden, sodnern bedürfen einer Erläuterung. FIDIC Texte sollten daher stets im englischen Original verwendet werden, so weit dies möglich ist.

    Ein Schwerpunkt der VBI-FIDIC Seminare liegt auf der Erläuterung sprachlicher Eigenheiten und der Rechtskonzepte auf denen die FIDIC-Vertragstexte beruhen.


    X. Worum geht es bei Dispute Adjudication?

    Alle FIDIC Bücher enthalten spezielle Klauseln, die die Ernennung eines Dispute Adjudication Board vorsehen, das für die Streitentscheidung zuständig ist. Die 2. Auflage des FIDIC Regenbogens hat das DAB umbenannt in Dispute Avoidance and Adjudication Board - DAAB).

    Das gilt auch für das  Gold Book und die 2. Auflage der FIDIC Regenbogen Edition, 2017. Dispute Adjudication bedeutet kurz gesagt, dass ein unabhängiges Gremium vorläufig bindende Sprüche erlässt, die später von einem Schiedsgericht überprüft werden können aber nicht müssen. Solange die Parteien also nichts unternehmen, um den Spruch eines DAB (ab 2017 DAAB) zu ändern, bleibt er für die Vertragsparteien verbindlich.

    Ein Bauunternehmer, darüber ist man sich einig, muss während der Bauphase über einen positiven cash-flow verfügen. Das ist schon in den Vertragsverhandlungen sicherzustellen, sofern nicht der Gesetzgeber eingreift (vgl. § 632a BGB), denn üblicherweise kann der Bauunternehmer erst mit der Abnahme Zahlung verlangen, was im Übrigen auch in anderen Ländern grundsätzlich nicht anders ist, wenngleich ähnlich wie in Deutschland zunehmend die Gesetzgeber eingreifen, um Abschlagszahlungen zu gewährleisten. Bauprojekte lassen sich aber selten oder gar nicht ohne Änderungsanordnungen, Zeitverzögerungen und ad hoc völlig mangelfrei abwickeln. Die Beilegung von Streitigkeiten, die aus solchen Umständen resultieren, nimmt viel Zeit in Anspruch. In der Regel zahlt der Bauherr bis zur Beilegung der Streitigkeiten nicht. Schon vor 30 Jahren experimentierte daher die angelsächsische Bauindustrie mit besonderen Formen der außergerichtlichen Streitbeilegung (vgl. auch Sweet/Schneier, Architecture, Engineering and Construction Process, 672 ff.), die heute ohne jede gesetzliche Intervention in vielen angelsächsischen Bauverträgen in Form von Dispute Reviewing und Dispute Adjudication geregelt ist (vgl. NEC3, JCT, ICE-Muster). Das Ziel solcher Regelungen besteht darin, Streitigkeiten zeitnah und schnell zu befrieden. Garantieren sollen dies die Dispute Review Boards (DRB) oder Dispute Adjudication Boards (DAB), sach- und fachkundig besetzte Gremien, die entweder akzeptable Lösungen vorschlagen, die von den Parteien angenommen werden, oder quasi wie ein Schiedsrichter über Streitigkeiten entscheiden. Vom Erfolg solcher Lösungen überzeugt, hat der englische Gesetzgeber mit dem Housing, Grants Construction and Regeneration Act 1996 (HGCRA 1996) Dispute Adjudication als Regellösung eingeführt. Jeder Bauvertrag, eingeschlossen die Architekten- und Ingenieurverträge, enthält zwangsweise die Regelung, dass die Parteien ein Dispute Adjudication Verfahren einleiten können, und zwar zu jeder Zeit.

    Dispute Adjudication setzt ein System voraus, das es dem Adjudicator gestattet, seine Entscheidungen „fair“ zu treffen. Die englische Rechtsprechung hat den Begriff der Fairness inhaltlich ausgefüllt und Maßstäbe gesetzt, die die Parteien des Bauvertrages und der Adjudicator zu beachten haben. Gefordert wird die Beachtung von natural justice, hierin eingeschlossen die Unparteilichkeit des Verfahrens (nemo judex in causa sua) und die Gewährung des rechtlichen Gehörs (audi alteram partem).

    Dispute Adjudication will organisiert sein. Die FIDIC Bedingungen geben nur eine Grundausstattung an Regelungen vor. Es findet sich dort ein Vertragsmuster für die Regelung der vertraglichen Beziehungen zwischen dem Dispute Adjudicator und den Bauvertragsparteien, eine Zusammenfassung der wesentlichen verfahrensrechtlichen Regelungen und die Kernklauseln in den General Conditions. Das DAB (DAAB) muss sich einen Arbeitsprogramm vorgeben, eigene Verfahrensregeln etablieren und eine Vielzahl von Details regeln. So ist z.B. die interne Kommunikation zwischen den DAAB-Mitgliedern sicher zu stellen.

    Das DAAB ist nicht nur ein mit technischem Sachverstand ausgestattetes Gutachtergremium. Es muss auch über eine Vielzahl von Rechtsfragen entscheiden. Es können sich Fragen nach dem anwendbaren Recht, nach dem Inhalt des anwendbaren Rechts und nach der Auslegung des anwendbaren Rechts stellen. Die Seminare von VBI sind darauf ausgerichtet alle diese Fragen zu beantworten. Dabei mag es von Interesse sein, dass die Arbeit in einem DAB / DAAB durchaus auch wirtschaftlich sinnvoll sein kann, wenngleich die Kostenbelastung durch ein DAB erheblich unter denen eines Schiedsverfahrens liegt.

    Herr Rechtsanwalt Dr. Hök hat das Thema Dispute Adjudication in Band 15 der VBI-Schriftenreihe erläutert.

    Inzwischen tritt der VBI als Nominating Body im Sinne der Unterklausel 20.2 FIDIC Conditions auf. Auf der dort geführten Adjudicator-Liste sind deutschsprachige Adjudicator gelistet.

    XI. Seminare

    Die FIDIC Seminare sollen es deutschen Marktbeteiligten erleichtern, an internationalen Ausschreibungen teilzunehmen. Von deutschen Ingenieuren und Unternehmen wird häufig verlangt, dass sie FIDIC-Kenntnisse besitzen und entsprechende Erfahrungen in Ausschreibungsverfahren nachweisen. Solche Kenntnisse konnten in der Vergangenheit nur in der Praxis oder in englischsprachigen Seminaren erworben werden. Das erschwerte den Zugang zu dem FIDIC-dominierten internationalen Markt für Bau- und Ingenieurleistungen.

    Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Schulung des Vertragsmanagements. Es werden das Claim-Management, das Streitmanagement und das allgemeine Vertragsverständis geschult. Das FIDIC Vertragswerk ist vor allem auch eine Anleitung für die Verfolgung von Ansprüchen aus dem Vertragswerk. Dazu gehören Kenntnisse über die Dokumentation von Ereignissen und ihren Folgen, die rechtzeitige Anzeige von Ereignissen und Umständen und die Verfolgung von Claims im besonderen.

    Die deutschsprachigen autorisierten FIDIC Seminare dienen auch der Ausbildung von Dispute Adjudicatoren. Die FIDIC Bedingungen sehen für die Zwecke der Streitbeilegung ein zwingendes Dispute Adjudication Board (ab 2017 Dispute Avoidance and Adjudication Board) vor, das über Streitigkeiten (disputes) entscheidet (siehe oben). Die Mitglieder von Dispute Avoidance & Adjudication Boards müssen über fundierte technische Kenntnisse ebenso verfügen wie über vertiefte Kenntnisse der FIDIC Books und ihre praktische Bedeutung. Hinzukommen müssen verfahrensrechtliche Kenntnisse und organisatorische Fähigkeiten, denn das DAB muss verschiedene Verfahrensstandards beachten (z.B. Recht auf rechtliches Gehör) und sein Verfahren selbst strukturieren. Zudem wird das permanente DAAB (Red Book, 2. Auflage 2017) auch als eine Art ständiger Projektbegleiter tätig, der schon im Vorfeld Probleme diskutiert und Lösungsvorschläge unterbreitet, um das Auftreten echter Streitigkeiten zu vermeiden. Auch solche Kenntnisse sollen in den Seminaren vermittelt werden. Im Gegensatz zur Vorauflage aus 1999 sehen jetzt im übrigen alle FIDIC Bücher ein ständiges oder permanentes DAAB vor.

    Im Jahr 2007 war es in diesem Rahmen erstmals möglich, eine VBI Zertifizierung zum FIDIC Dispute Adjduciator zu erlangen. Damals bestanden vier Ingenieure diese Prüfung erfolgreich. Die Liste hat sich jedes Jahr verlängert. Geprüft wird das Vertragsverständnis, Sprachverständnis, Wissen über die Verfahrensregeln und das Claimmanagement sowie Wissen zum verhalten als Dispute Adjudicator. Das dreitägige Prüfungsverfahren besteht aus Schulungs- und Prüfungsmodulen. Die Anwärter müssen eine Fallösung in der Form einer DAAB-Entscheidung erarbeiten, einen schriftlchen Test bestehen, Rollenspiele durchlaufen und eine mündliche Prüfung in Deutsch und Englisch bewältigen.

    In den Seminaren wird mit Folien, Flowcharts und Checklisten gearbeitet. Der Umgang mit den FIDIC Books wird anhand von Beispielsfällen aus der Praxis erläutert. Jeder Seminarteilnehmer erhält eine Dokumentation.

    Es wird erwartet, dass sich die Teilnehmer selbständig mit den FIDIC Grundlagen eindecken, d.h. es sollte jeder Teilnehmer über eine englischsprachige Version des Red Book und des Yellow Book verfügen. Diese Unterlagen können über den VBI bestellt werden. Selbstverständlich können auch deutschsprachige Übersetzungen genutzt werden, sind aber nicht konkret Schulungsgegenstand.


    XII. Ausbildungsergebnis

    Am Ende der FIDIC-Ausbildung kann eine Prüfung als FIDIC-Adjudicator stehen. Der VBI hat eine Liste von potentiellen DAB / DAAB-Mitgliedern eingerichtet. Um eine möglichst hohe Qualität zu gewährleisten, wird eine Seminarreihe angeboten, die auf die Befähigung zur Abnahme der DAB-Prüfung gerichtet ist. Im Übrigen können Teilnahmebescheinigungen für FIDIC-Seminare wichtige Hilfen bei internationalen Ausschreibungen sein. Eine Reihe von Ausschreibungen verlangen die Darlegung von FIDIC-Erfahrung. Der VBI erteilt im Namen von FIDIC Teilnahmebescheinigungen für die Seminarteilnahme.


    © Dr. Götz-Sebastian Hök, Rechtsanwalt in Berlin

 

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